Seereisen und Luxus im Zeitalter der Kreuzfahrten im Massenmarkt
by Earl of Cruise
Es war kein Zufall, dass im Jahr 1934, Cole Porter´s Musical `Anything Goes´, auf dem Broadway ein Triumph in dem Jahr war. Es spielte auf einem riesigen Liner von Europa nach New York. Überfahrten auf dem "Bateaux de Lumière" waren mit ihrer ersten Transatlantikreise ein "must" der Gesellschaft auf beiden Seiten des Atlantiks und eine 4 Tage andauernde Party.
Wie Kurt Ulrich formulierte, war es zwingend in der Gesellschaft auf ihr gereist zu sein, um dazu zu gehören ... Man reiste damals mit Unmengen von Kleidung zum Wechseln und benötigte dazu Steamer Trunks (Überseekoffer). Selbst in der II. Klasse reiste man damals mit Stil.
Diese neuen Kreuzfahrtschiffe müssen in Folge dieser
Einnahmesituation zwingend auf Kosteneffizienz getrimmt werden. Heute weit mehr
als jemals in der Geschichte.
by Earl of Cruise
Die Geschichte der Seereisen und der Kreuzfahrt ist
eine vielschichtige. Was uns heute an ihr fasziniert ist der Glamour
vergangener Tage. Heutige Kreuzfahrtangebote spielen mit dem Image der
luxuriösen Seereise aus den golden Tagen der Transatlantik Seereise.
Bis zum Aufkommen der Dampfschiffe waren die
Passagiere der Paket Segler, u.a. die BLACK BALL LINE und die RED STAR LINE,
zwischen der Alten und der Neuen Welt, dem Wind, dem Können und der Erfahrung
der Kapitäne und ihrer Mannschaft angewiesen. Auch wenn solche Reisen zu
damaligen Zeiten in der Ostrichtung relativ schnell waren, so konnten sie in
der Westrichtung auch schon mal 3 Monate auf See bedeuten. Mit dem Aufkommen
der Dampfer, zuerst noch aus Holz, vor allem auf dem Nordatlantik, dem
schwierigsten aller Fahrgebiete, wurden zumindest die Passagezeiten
verlässlicher. Und diese verringerten sich zusehends mit der verbesserten
Technik der Dampfmaschinen und der Schiffe.
Von den Seereisen, als dem Inbegriff des Glamour, war
man aber noch weit entfernt.
Erst als die Dampfer sich mit immer umfangreicheren
Aufbauten aus ihren Rümpfen erhoben, wurden die Quartiere für die Passagiere
auf den Schiffen immer luxuriöser. Die GUION LINE, WHITE START LINE und INMAN LINE machten dem damaligen
Platzhirsch CUNARD LINE mit neuem Luxus das Leben schwer. Dabei hatte sich CUNARD zu lange dem Luxus
verwehrt. Auf dem Kontinent gab es seit den 50er und 60er Jahren des 19.Jhdt. weitere
Wettbewerber, wie die COMPAGNIE GÉNÉRALE TRANSATLANTIQUE,
der NORDDEUTSCHE LLOYD und die HAPAG.
Der LLOYD "erfand" in den 1880er Jahren seine Flüsseklasse und die
HAPAG die NORMANIA Klasse, COLUMBIA,
AUGUSTA VICTORIA, NORMANNIA, FÜRST BISMARCK. Die Quartetts der CGT, LA CHAMPAGNE, LA
GASCOGNE, LA
BRETAGNE und LA
BOURGOGNE und der HAPAG erreichten einen bislang unbekannten Luxus zur See.
Es begann nun eine Zeit, dass es fast ein gesellschaftliches "Must"
wurde über den Teich, den Atlantik (in Großbritannien sagte man
"pond") zu reisen, um einen Urlaub auf der anderen Seite zu machen. Vor
allem in den USA begann sich die Grand Tour zu verbreiten.
Und es war dann auch die HAPAG, unter
ihrem Passage Direktor Albert Ballin, damals Gesellschaftreise, wirklich eingeführt hatte.
smpd* AUGUSTA VICTORIA (eig. Sammlung)
*Seiner Majestät Post Dampfer
Aber erst in den 20er und 30er Jahren des
vorigen Jahrhunderts entwickelte sich der wahre Glamour zur See. Man überquerte
den Atlantik von beiden Seiten zur Erholung und Bildung auf der jeweils anderen
Seite. Es waren die Roaring Twenties and Thirties.*Seiner Majestät Post Dampfer
Nach dem WWI überboten sich die einzelnen Reedereien
auf dem Nordatlantik mit Komfort und Luxus, nachdem das allgemeine Reisen
wieder begonnen hatte. Und weit mehr als vor dem Urknall des 1. Weltkrieges,
wurden die Schiffe der Stolz ihrer Nationen. Besonders die Schiffe der CGT
stachen hervor und zogen die Kunden der 1.Klasse an. Der COLUMBUS (1924), die FRANCE (1912) und die PARIS
zogen durch ihren exzellenten Service und hervorragende Küche gerade das
betuchte Klientel aus den USA an.
Berichtete die Presse schon vor dem auslösenden
Attentat auf den Thronfolger des Habsburger Reiches über die VIPs an Bord der
Schiffe, so wurden ihre Reisen ab den 20er Jahren geradezu gierig von den
Bevölkerungen dies- und jenseits des Atlantiks aufgenommen. Die Reedereien
gaben Passagierlisten an die Presse, damit die Photographen ihre Kameras in
ihre Richtung hielten und nicht auf die Konkurrenz. Waren es zu Anfang die
Stummfilmstars, Politiker und Mitglieder der Gesellschaft, so verstärkte sich
der Presserummel mit dem Tonfilm. Die Massen an Land, welche sich eine Seereise,
nicht des Vergnügens wegen leisten konnte, lechzte nach Bildern und Worten, die
sie wie in einem Film einen Moment aus ihrem Dasein "befreiten".
Die Überfahrten der Transatlantikliner entwickelten
sich vor allem durch die Prohibition in den USA zu einer tagelangen Party an
Bord. Und gerade die "trockengelegten" US Bürger nutzten jenseits der
3sm Zone die Eröffnung der diversen Bars an Bord der Schiffe, welche nicht
unter US Flagge fuhren.
Die Neubauten der CGT, ÎLE DE FRANCE,
und des NDL, die BREMEN und die EUROPA,
lösten einen erneuten Schub in Punkto Geschwindigkeit, Technik und Luxus auf
dem Nordatlantik aus. Sie wurden die Vorboten zu überbordendem Luxus mit der
NORMANDIE der CGT. An Bord spielte sich, in seinen
eigenen, eleganten Rhythmen das Lebens in der ersten Klasse in einer Welt eines
außergewöhnlichen Komfort. Es gab Schwimmbäder, einen Tennisplatz , einen Wintergarten,
ein Kino/Theater (das erste auf See überhaupt), nach dem Abendessen im größten
jemals auf einem Schiff eingebauten Speisesaal, der jedem Vergleich mit dem
Spiegelsaal von Versailles standhalten konnte, tanzte Mann in schwarzem Anzug
mit Fliege und die Damen in großer Garderobe im Grand Salon. Ein Souper konnte
man zur Nachtstunde im Café Grill einnehmen, nachdem man die großartigste
Treppe hinauf gestiegen war. Die NORMANDIE legte 1935 zur ersten Reise nach New
York ab und gewann dabei gleich das prestigeträchtige Blaue Band für die
schnellste Überfahrt. Die NORMANDIE war besonders kostspielig mit opulenten Art
Déco Design ausgestattet - fabelhafte Wandpanele schmückten ihre Wände, wie
auch Saint Gobain Glas getäfelte Wände im Speisesaal. Es war die Arbeit von
Künstlern aus Frankreich, wie Jean Dupas und Jean de Brunhoff. Die Salons waren
mit Möbel aus Mahagoni, Makassar Ebenholz und Bronze eingerichtet. Der
Speisesaal lag komplett Innen, weshalb für ihn ein neues Beleuchtungskonzept
entwickelt wurde. Zwölf riesige Säulen und schier unzählige Pilaster an den
Wänden aus Lalique Kristall beleuchteten den immensen Saal. Die Gäste waren davon
so verzaubert, dass die NORMANDIE als "Schiff des Lichts" bekannt
wurde.
NORMANDIE ahead of New York © Daryl LeBlanc
Der ss NORMANDIE blieben gerade einmal
etwas mehr als vier Jahre (Mai 1935 bis Spt 1939) für ihren Liniendienst zwischen Le Havre und New York. Sie wurde eine Legende und beherbergte berühmte Gäste wie Marlene Dietrich, die Frau des
Französisch Präsident Lebrun, Douglas Fairbanks jr., Colette, die Kennedy´s, Ernest Hemingway,
Fred Astaire, den pikant-ironischen Noel Coward und Irving Berlin. Es war kein Zufall, dass im Jahr 1934, Cole Porter´s Musical `Anything Goes´, auf dem Broadway ein Triumph in dem Jahr war. Es spielte auf einem riesigen Liner von Europa nach New York. Überfahrten auf dem "Bateaux de Lumière" waren mit ihrer ersten Transatlantikreise ein "must" der Gesellschaft auf beiden Seiten des Atlantiks und eine 4 Tage andauernde Party.
Wie Kurt Ulrich formulierte, war es zwingend in der Gesellschaft auf ihr gereist zu sein, um dazu zu gehören ... Man reiste damals mit Unmengen von Kleidung zum Wechseln und benötigte dazu Steamer Trunks (Überseekoffer). Selbst in der II. Klasse reiste man damals mit Stil.
Im Sept 1939 endete die Party auf den Ozeanen. Denn
nicht nur auf dem Nordatlantik reiste man luxuriös. Im Pazifik kreuzten die
"White Ships" der MATSON LINES von Amerika nach Australien. Die
CANADIAN PACIFIC dampfte aus Vancover nach Japan und China. Der Südatlantik sah
die luxuriösen Schiffe der ROYAL MAIL LINES, der HAMBURG SÜD und der COMPAGNIE SUD-ATLANTIQUE.
Nach dem Ende des WWII war die Welt eine andere.
In den 50er Jahren des letzten Jhdt. erschienen die
britische COMET, die US amerikanischen BOEING 707 und DOUGLAS DC-8. Vor allem
die amerikanischen Düsenclipper übernahmen ab 1958 immer Passagiere auf dem
Nordatlantik und später in den 70ern auch auf den Fernstrecken, z.B. nach
Australien. Ein zusätzlicher Todesstoß für die Passagier Linienschifffahrt war
die Ölkrise der 70er Jahre.
Aber wir erinnern uns noch an den Gendarmen in New York
mit Louis de Funes. Er reiste mit seiner Gendarmerie Truppe auf der FRANCE `Der Gendarm vom Broadway´ (Le gendarmeà New York) nach New York. 1967 sprang Sophia Loreen als Gräfin
von Hongkong in Charlie Chaplins Film in San Francisco von Bord eines AMERCAN
PRESIDENT LINES Liner. Oder Jane Russel gleich zwei Mal an Bord der LIBERTÉ - `The FrenchLine´ und `Blondinen Bevorzugt´ (Gentlemen Prefer Blondes). Auch die AMERICAN EXPORT LINE ließ eine Serie
an Bord ihrer "Sun Lane" Schiffe ins Mittelmeer drehen. In
Deutschland kreuzte Heinz Erhardt in `Drillinge an Bord´ auf der HANSEATIC I.
Und später zog die HANSEATIC II als `Das Ferienschiff´ über den Fernseher. Sie
wurde zum Blue Print der US TV Kreuzfahrt Serie `Love Boat´ und dem deutschen
TV Ereignis `Das Traumschiff´. Allerdings bildeten die Filme und Serien in keinem
Fall die Realitäten wieder.
Die Liner, die "Ship of State", verschwanden
vom Nordatlantik. Ihre neuen Einsatzgebiete war die Kreuzfahrt. Ein damals
extrem exklusiver Markt. Mit einem überschaubaren Angebot von wenigen Schiffen,
die damals echten Luxus boten.
Aber in den 70er Jahren begannen Reeder und deren
Investoren in neue Schiffe zu investieren. Dazu suchten die Marketing Strategen
nach neuen Kunden. Man entdeckte den Mittelstand als Kunden der Zukunft und
richtete sein Marketing auf ihn aus. Ein Meister dieser Strategie war CARNIVAL.
Dabei musste Ted Arison auf seinem ersten Schiff während der ersten Kreuzfahrt
mit seiner MARDI GRAS, ex EMPRESS OF CANADA, einmal das Schiff von einem Riff
bekommen und zudem im Casino an Bord Geld für Treibstoff im Tank sammeln. Heute
ist CARNIVAL ein Gigant in einer Industrie, die sich vom Ursprung weit, sehr
weit entfernt hat.
Das Schiff ist jetzt das Ziel. Selbst in den Häfen
bleiben viele Passagiere an Bord und genießen ihren erschwinglichen Luxus - you
get what you pay for. Vor allem, weil es dann in den Häfen "leer" an
Bord ist ... Und viele Bordangebote sind zudem billiger zu haben.
Beständig steigen die Zahlen der Kabinenbetten auf den
modernen Kreuzfahrtschiffen. Aus einer kleinen Nische für Luxus Reisende
entwickelte sich ein Massenmarkt mit immer größeren Schiffen für immer mehr
Passagiere an Bord. Anfangs hatten die Schiffe zwischen 500 bis 700 Betten.
Jetzt kommen Schiffe mit bis zu 7.000 Bettenplätzen ... Die Anzahl der Crew,
also der dienstbaren Geister, stieg bei weitem nicht so rasant.
Derzeit findet man fast nur noch schwimmende Mega Resorts,
die versehentlich auch mal einen Hafen brauchen.
NORWEGIAN EPIC von NCL
Nicht immer waren die Schiffe, Passagierschiffe, auf
den Meeren schön, oder elegant. Mit schönen Linien, die dem Auge des
Betrachters schmeichelten. Auch in der "guten alten Zeit" waren
Schiffe in erster Linie Zweckkonstruktionen, die Geld verdienen sollten. Heute
ebenso oder besonders. Es gab einmal ein Schiff, dass sowohl Geld für den
Reeder verdiente und nebenbei auch schön und technisch seiner Zeit weit voraus
war - die NORMANDIE der CGT.
Die Demokratisierung der Kreuzfahrt, erfüllt zum einen
den Traum vieler Menschen einer Seereise. Aber andererseits führen die
"Tiefstpreise" zu hohen Passagierdichten auf den Schiffen, die des
Image Willen alle als "Luxus" angeboten werden.
Ein wenig Nachdenken ist auf jeden Fall angebracht.
Viele Passagiere auf einem Schiff bedeuten auch viele Touristen in einem meist
kleinen Ort. In Städten wie Barcelona oder ähnlich großen Städten macht das
keine Probleme. Aber in kleinen, malerischen Städten oder auf kleinen Inseln sorgen
diese Menschenmengen für Probleme. Auch wenn sie Geld in die Geschäfte spülen.
Der Traum in den Städten, aber auch an Bord kann sich schnell in einen Albtraum
verwandeln. Vom hinterlassenen Abfall einmal abgesehen. Das Streben nach einem erreichbaren und bezahlbaren Urlaub
auf dem Meer ist ein Massenphänomen geworden. TV Shows wie `Love Boat´, `Verrückt nach Meer´ (Doku Soap) oder `Das Traumschiff´ haben den Wunsch nach der Erreichbarkeit durch
die Massen verstärkt. Rund um das Mittelmeer oder in der Karibik wird es
langsam eng. Der Traum könnte schal werden und sich in einen Alptraum verwandeln.
Dieser Massentourismus hat nichts gemein mit dem
Traum, welcher immer noch unterschwellig vermittelt wird - der Glanz aus der
großen Epoche der Transatlantik Liner der späteren 20er, der 30er Jahre und den
Nachkriegsjahren der 50er und 60er. Wobei es nach dem Krieg schon rapide bergab
ging.
Die Kreuzfahrt als Massenveranstaltung für jedermann
wird selbst für die Reedereien problematisch. So wie ihre Schiffe wachsen
müssen, um kosteneffektiv eingesetzt zu werden, müssen auch die Gesellschaften
selber immer weiter wachsen. Entweder durch immense Flottenerweiterungen wie
bei MSC, oder zuerst durch Zukäufer, inklusive einer Bieterschlacht (CARNIVAL lieferte
eine lange Bieterschlacht um P&O und PRINCESS CRUISES) und letztendlich
auch hier Flottenwachstum.
Vor einiger Zeit las man im britischen WORLD OF CRUISING Magazin
einen Artikel zu den Neubauten, die trotz der Wirtschaftskrise in See gehen -
Sie (die Reeder) bauen und die Gäste buchen. Dabei werden die Schiffe immer
mehr zu Resorts und zu einer Destination an sich. Und der Hafen, welcher
angelaufen wird immer unwichtiger. Denn der Gast an Bord muss zu seiner gebuchten
Reise weiteres Geld an Bord lassen, damit die Rechnung aufgeht. 2015 lag
weltweit der durchschnittliche Reisepreis bei US$ 1,350. Die Reeder benötigten
aber US$ 1,779, um einen Vorsteuer Gewinn je Gast von US$ 226 zu erzielen ...
Eine Folge der Kosteneffizienz sind auch Unfälle auf
See, wie Maschinenraumbrände - die ZENITH, die COSTA ALLEGRA im Indik, die
COSTA neo CLASSICA, die COSTA LUMINOSA, die CARNIVAL TIRUMPH, die - LIBERTY, die
- PRIDE, die AZAMARA QUEST, die
GRANDEUR OF THE SEAS, die JEWEL OF THE SEAS, die LE BORÉAL, die SILVER SPIRIT, die BOUDICCA, die ORIANA, die INSIGNIA,
die THOMSON CELEBRATION, die NORDLYS und selbst auf der DEUTSCHLAND brannten
die Maschinenräume. Einer der Gründe sind die "preiswerten"
Maschinenraum Crews ... Und dann gab es da noch diesen speziellen Capitano, der
seine COSTA CONCORDIA zu dicht an Giglio vorbeisegelte und sich à la TITANIC
den Bauch aufschlitzte und zum Glück nur Kenterte. Nur dank der Crew mit nur 43
Toten - zu viele. Der Capitano war sicher nicht unterbezahlt, aber ziemlich inkompetent, und ohne "zu wissen wie ihm geschah, in einem Rettungsboot gelandet".
Es hätte weit schlimmer enden können. Und kürzlich segelte die ANTHEM OF THE SEAS durch einen Sturm auf dem Nordatlantik ... Einen Badewannen Cruiser in
einem der gefährlichsten Seegebiete der Welt zu segeln ist schon ein Abenteuer
in sich.
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